Versicherungsschutz bei der häuslichen Pflege
Bei dem diesjährigen saarländischen Pflegekongress am 18.09.2024 in Saarbrücken hat die Unfallkasse Saarland den Versicherungsschutz bei der häuslichen Pflege vorgestellt. Michael Frohnhöfer, Leiter der Abteilung Leistungen, erläuterte, bei welchen Tätigkeiten Pflegepersonen unter Versicherungsschutz stehen.
Der Versicherungsschutz für Pflegepersonen geht auf die Einführung der Pflegeversicherung durch das Pflegeversicherungsschutzgesetz vom 26.05.1994 zurück. Pflegepersonen sind versicherungsrechtlich ab 1995 dem Schutz der Unfallversicherung unterstellt worden.
Wer gehört aber grundsätzlich zu den versicherten Pflegepersonen?
Es sollte gesetzlich denjenigen Personen Versicherungsschutz gewährt werden, die eines solchen Schutzes bedürfen, weil sie Pflegebedürftige in häuslicher Umgebung nicht erwerbsmäßig pflegen und mangels Beschäftigung nicht abgesichert sind. Zu den Pflegepersonen gehören in erster Linie die Ehefrau, der Ehemann oder sonstige Familienangehörige, Freunde und Nachbarn.
Versichert sind demnach Pflegepersonen, die
- eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mit mindestens Pflegegrad 2
- nicht erwerbsmäßig
- in häuslicher Umgebung und
- wenigstens 10 Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, pflegen.
Mit dem Unfallversicherungsweiterentwicklungsgesetz, welches wahrscheinlich im Laufe des Jahres 2025 in Kraft treten wird, soll die letztgenannte Voraussetzung der wöchentlichen Mindestpflegezeit entfallen, so dass ggfs. auch einmalige oder kurzfristige Pflegetätigkeiten den Versicherungsschutz auslösen können.
Modul I (Bereich der Mobilität)
Bei dem Bereich der Mobilität geht es um die Bewegungsfähigkeit der pflegebedürftigen Person im häuslichen Bereich. Dies betrifft das Aufstehen, Gehen, Sitzen und auch Treppensteigen.
Unfälle sind beispielsweise denkbar bei der Unterstützung beim ins Bett bringen der pflegebedürftigen Person, bei der Unterstützung beim Laufen oder beim Halten oder Korrigieren einer Sitz-/Liegeposition innerhalb des Wohnbereichs.
Modul II (Bereich der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten)
Bei pflegebedürftigen Personen mit Einschränkungen der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten sind Pflegepersonen bspw. bei Hilfen zur örtlichen/zeitlichen Orientierung oder beim Erkennen von Risiken und Gefahren versichert.
Beispiel: Zur besseren örtlichen Orientierung seines an Demenz erkrankten Großvaters will der Enkel, der seinen Großvater regelmäßig pflegt, in der Wohnung seines Großvaters Hinweisschilder anbringen. Beim Anbohren eines Schildes fällt er von der Leiter.
Oder die Pflegeperson verletzt sich beim Eingreifen, damit sich die/der Pflegebedürftige nicht an einer gerade benutzten Herdplatte verbrennt.
Modul III (Bereich der Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen)
Modul 3 beinhaltet Verhaltensweisen und psychische Problemlagen als Folge von Gesundheitsproblemen, die immer wieder auftreten und bei denen Unterstützung durch die Pflegeperson erforderlich ist. Hier geht es vor allem darum, ob die pflegebedürftige Person sich oder anderen schadet oder die Pflege sogar schwieriger macht oder zu verhindern versucht.
Unfälle sind beispielsweise daher denkbar beim Schützen des Pflegebedürftigen vor selbstschädigendem Verhalten, beim Beruhigen des Pflegebedürftigen bei Angstzuständen, Sinnestäuschungen oder Wahnvorstellungen.
Modul IV (Bereich der Selbstversorgung)
Bei dem Modul IV steht die Frage im Vordergrund, ob sich jemand selbst körperlich versorgen kann oder Unterstützung benötigt, insbesondere bei der Körperpflege und Ernährung sowie der Toilettenbenutzung.
Unfälle sind beispielsweise denkbar bei der Unterstützung während des Waschens-, Duschens- oder Badens, beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und Hilfen beim Essen und Trinken, dem An- und Auskleiden der/des Pflegebedürftigen, Hilfen beim Benutzen einer/s Toilette/Toilettenstuhls, eines Katheters oder eines Urostoma.
Modul V (Bereich der Bewältigung von und des selbständigen Umgangs mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen)
Im fünften Modul geht es um den Umgang mit Krankheiten oder Therapien. Hierunter fallen u.a. Pflegetätigkeiten der Pflegeperson, die direkt auf die Kontrolle von Erkrankungen sowie auf die Durchführung therapeutischer Maßnahmen bezogen sind; beispielsweise in Bezug auf Medikationen, Injektionen sowie Verbandswechsel und Wundversorgung.
Begleitungen zu Arzt- oder Therapiebesuchen stehen ebenfalls unter Versicherungsschutz, da es sich hier um einen Bereich handelt, in welchem die Pflegebedürftigen in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt sind.
Unfälle sind beispielsweise denkbar während den mit den Arzt- oder Therapiebesuchen verbundenen Wegen. Versichert sind bspw. auch Unfälle im Zusammenhang mit Verbandswechsel und Wundversorgung oder beim Anlegen einer Prothese.
Modul VI (Bereich der Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte)
Das Modul 6 betrifft die Einschränkungen der pflegebedürftigen Person, was die Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte anbelangt. Unter Versicherungsschutz stehen Unterstützungsmaßnahmen etwa bei der Gestaltung des Tagesablaufs, beim Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen und auch bei der Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.
Beispiel: Unfälle sind denkbar im Zusammenhang mit der Organisation von sozialen Kontakten wie beispielsweise dem Schreiben von Briefen und E-Mails, wenn die Pflegeperson auf dem Weg zum Schreibtisch oder PC über eine Teppichkante stolpert und sich verletzt.
Versichert sind nur organisatorische innerhäusliche Verrichtungen. Die Durchführung (z.B. der Transport der zu pflegenden Person) steht nicht unter Versicherungsschutz.
Haushaltsführung
Bei den Hilfen zur Haushaltsführung sind die typischen nötigen Hausarbeiten wie bspw. Putzen, Aufräumen, Zubereiten von Mahlzeiten versichert.
Behördengänge oder das Regeln finanzieller Angelegenheiten fallen ebenfalls unter Versicherungsschutz, wenn diese für die Fortführung des Haushalts erforderlich sind.
Welche Tätigkeiten sind nicht versichert?
Außerhäusliche Aktivitäten – zum Beispiel Spaziergänge oder der Besuch von kulturellen Veranstaltungen als Freizeitbeschäftigung – stehen nicht unter Versicherungsschutz.
Diese sind nur dann versichert, wenn sie Teil der vom Gesetz beschriebenen pflegerelevanten Module 1-6 sind. Das wäre zum Beispiel bei einem Arztbesuch der Fall. Dieser ist dem Modul 5 „Bewältigung von krankheitsbedingten Anforderungen und Belastungen“ zuzurechnen.
Bei welchen versicherten Tätigkeiten ereignen sich die Pflegeunfälle?
Die meisten Pflegeunfälle ereignen sich in den Modulen der Mobilität, der Selbstversorgung und bei der Haushaltsführung. Für die anderen Bereiche gehen bei der Unfallkasse Saarland wenige bzw. keine Meldungen ein.
Zuständigkeit der Unfallkasse Saarland
Wer als Pflegeperson eine pflegebedürftige Person in häuslicher Umgebung pflegt, ist über den Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand, der insbesondere für die Unternehmen der Kommunen und des Landes sowie für die Privathaushalte zuständig ist, beitragsfrei gesetzlich unfallversichert.
Wenn die Pflege im Wesentlichen in einem Haushalt im Saarland stattfindet, ist somit die Unfallkasse Saarland bei Eintritt eines Unfalles der zuständige Träger.